Kap Blossom

Infos zum Blog

Zeit: 2.9.2018

Koordinaten: 71.01 Nord, 179.10 Ost

Ort: Kap Blossom

Der Eisbärenkindergarten

Heute morgen stand Kap Blossom auf dem Programm. Das ist ein ganz besonderer Ort. Hier gab es im September 2017 ein einzigartiges Ereignis. Nachdem ein Walkadaver am Strand angespült wurde, versammelten sich hier Eisbären zum Festmahl. Nicht nur ein paar, auch nicht viele, sondern wirklich sehr viele. Insgesamt 180 Eisbären wurden hier am Stück gleichzeitig gezählt. Das mit dem Wal hatte sich wie ein Lauffeuer rumgesprochen/rumgerochen (Eisbären können Robben unter Eis aus 10 km Entfernung riechen) und die Bären kamen aus allen Richtungen angelaufen, um auch etwas abzubekommen. Unbedarfte Beobachter hätten die Ansammlung von Ferne erst mal für eine Schafherde gehalten, erzählt uns unser Lektor Steffen Graupner, der das Schauspiel letztes Jahr selbst beobachten konnte. Schafe gibt es auf Wrangel Island aber gar nicht.

Für Steffens Freund, den Eisbärenforscher Dr. Nikita Ovsyannikov, der sich sein ganzes Leben mit dem Verhalten von Bären und deren Sozialgefüge beschäftigt hat, war das wie Weihnachten und Ostern an einem Tag. Er ist sowas wie der Eisbärenpapst von Russland. Anders als die westliche Eisbärenforschung, die die Tiere eher als Einzelgänger betrachtet, sehen die Russen sie schon immer als durchaus gesellschaftsfähig an. Das hier war der schlagende Beweis dafür. Das Mahl lief durchaus geordnet ab. Die stärksten Bullen haben erst mal die zähe Haut des Wals aufgerissen und danach durfte jeder mal ran. Wer voll war, hat sich in einger Entfernung für ein, zwei Tage zum Verdauen niedergelegt, um dann noch einen oder auch zwei Nachtische zu nehmen.

Nikita hat 27 Sommer und 5 Winter auf der Landzunge von Kap Blossom verbracht, um die Eisbären zu studieren. Einige Jahre davon mit seiner Frau, einer Spezialistin für Schneeeulen und Polarfüchse und davon wiederum einige sogar mit seiner Tochter. Und das ganze ohne Bewaffnung, ausser mit einem Stock und einem Pefferspray, das er nur einmal benutzen musste.

Bild 1 vom 2018-09-02 13:20:05
Nikitas Hütte auf Kap Blossom

Dieses Wissen im Gepäck, waren wir natürlich voller Erwartungen auf Kap Blossom. Morgens um 7:30 gehen wir vor der Landzunge vor Anker. Acht Bären warten schon auf uns. Es wird eine Zodiac-Tour organisiert. Leider sind wir erst in der zweiten Gruppe. Die Reihenfolge des Ausbootens wechselt nämlich täglich durch. Als die Bären die Zodiacs kommen sehen, springen die meisten davon allerdings ins Wasser. Unser Expeditionsleiter Ha-Jo sagt, das sei ihm noch nie passiert. Bären seien immer neugierig! Unsere waren aber weg. Als wir, die zweite Gruppe, dann im Wasser waren, war auch mit Bären nix mehr los. Allerings war sowieso nix mehr los, weil inzwischen dichter Nebel das Schiff, die Zodiacs und die Landzunge einhüllte. Wir fahren gar nicht erst los, sondern werden gleich wieder an Bord gebracht. Das Wetter ist hier leider noch unberechenbarer als die Behörden! Uns wurde erzählt, dass bei der letzten Nord-Ost-Passage faktisch die ganze Zeit Nebel war. Der Unmut der Passagiere war entsprechend gross, aber da kann man halt nichts machen.

Der Grund für die hohe Bärendichte an dieser Landzunge liegt übrigens an der hohen Walrossdichte. Die Walrosse ruhen hier auf ihren Zügen von Nord nach Süd und umgekehrt. Es hat hier Zeiten gegeben, an denen bis zu 200000 (in Worten Zweihunderttausend) Walrosss an den Stränden lagerten. Wir hatten vor einigen Tagen schon bei ein paar hundert echte olfaktorische Probleme. Inzwischen hat sich die Eislage oder die Ernährungssituation aber so verändert, dass nicht mehr so viele hier vorbeikommen. Sie sind jetzt woanders zu finden.

Kap Krasnia die Zweite

Nach der Pleite an Kap Blossom geht es wieder zurück nach Kap Krasnia, um unsere Ranger und Wissenschaftler zu ihrer Station zurückzubringen. Wir hatten drei Tage einen Ranger, eine Wissenschaftlerin, die Schneegänse erforscht und eine Mitarbeiterin der Reservatsverwaltung, die für Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist, an Bord. Sie haben einen sehr interessanten Vortrag gehalten und uns viele Fragen beantwortet. Ganz liebe Menschen, die für ihre Sache brennen.

Die Station liegt auch auf einer Landzunge. Da wir wieder viel Nebel haben, bleiben wir in der Station und stellen fest, dass es hier auch jetzt im Herbst noch Unmengen von blühenden Blumen gibt. Es wird also ein Blumentag:

Bild 2 vom 2018-09-02 13:20:09
Blume ohne Namen

Alle Farben sind vertreten:

Bild 3 vom 2018-09-02 13:20:13
Blaue Blumen, die es auch lila und rosa gibt

Die meisten Pflanzen sind hier in der Tundra sehr kleinwüchsig. Man muss sich schließlich vor Wind, Schnee und Austrocknung schützen. Manche sind auch etwas höher, wie die folgende:

Bild 4 vom 2018-09-02 13:20:17
Eine richtig hohe Pflanze (ca 20 cm)

Die Ranger und Wissenschaftler begleiten unseren Landgang. Anastacia, die das Reservat in Schulen, für Touristen und die Politik präsentiert, erklärt und erzählt und freut sich, dass sich so viele Leute für ihre Arbeit interessieren.

Bild 5 vom 2018-09-02 13:20:22
Anastatia mit Eisbärenabwehr Nr. 1 – dem Stock. Sie hat noch eine Rassel, eine Signalpistole, Pfefferspray und noch mehr in der Tasche.

Auf Wrangel Island sind die Mammuts 6000 Jahre später ausgestorben, als im Rest der Welt. Findet man im Rest nur Knochen, die mindestens 10000 Jahre alt sind, gibt es hier Knochen, die auf ein Alter von 3600 Jahren datiert wurden. Zu dieser Zeit haben die Ägypter übrigens gerade ihre besten Partys gefeiert. Leider haben sie es auch hier nicht geschafft. Aber es gibt ganz viele Mammutstoßzähne und natürlich andere Tierrelikte: Walrosskopf, Moschusochse, Walwirbel und Mammutzahn

Bild 6 vom 2018-09-02 13:20:26
Trophähen im Vorgarten

Auch hier war natürlich ein Eisbär im Vorgarten, als wir ankamen. Freundlicherweise hat er sich von der Station entfernt, aber das machen sie nicht immer so. Daher hat man hier sehr einfache aber wirksame Maßnahmen, damit der Bär nicht plötzlich Appetit aufs Fensterln bekommt.

Bild 7 vom 2018-09-02 13:20:30
Fenster mit Eisbärenschutz

Und zum Schluss noch eine schöne Pflanze. Es gibt hier eine Vielzahl von endemischen Pflanzen- und Tierarten, weil die Wrangel-Insel während der letzten Eiszeit nicht von Eis bedeckt und auch nie vergletschert war. Ausserdem wurde sie nie von einem Ozean überschwemmt, was vielen Arten hier eine dauerhafte Heimat sicherte.

Bild 8 vom 2018-09-02 13:20:34
Noch ein unbekanntes Pflänzchen.

Magnus

Leave a Comment